
Zum Inhalt
„Als Herr Schmidt Freitagfrüh aufwachte und den Kaffeeduft vermisste, dachte er zuerst, dass Barbara im Schlaf gestorben sein könnte. Das war zwar eine absurde Vorstellung – Barbara war gesund wie ein Pferd -, noch abwegiger schien allerdings die Möglichkeit, dass sie verschlafen haben könnte. Sie verschlief nie. Doch als er sich im Bett umdrehte und sah, dass die Betthälfte neben ihm leer war, schien im plötzlich am wahrscheinlichsten, dass Barbara auf dem Weg in die Küche tot umgefallen war.“ (S. 5)
So beginnt der neue Roman Barbara stirbt nicht von Alina Bronsky. Die Geschichte handelt von Walter Schmidt und seiner Frau Barbara, die seit über 50 Jahren miteinander verheiratet sind. In einer solchen Zeit entwickeln sich natürlich Routinen für den Alltag, so auch, dass Herr Schmidt jeden Morgen von frischem Kaffeeduft geweckt wird. Doch eines Morgens ist alles anders und als er nach Barbara sucht, findet er sie auf dem Badezimmerboden liegend. Herr Schmidt versteht die Welt nicht mehr. Was ist nur mit ihr los? Von da an liegt Barbara im Bett und muss sich ausruhen, ist schwach und kann kaum essen. Herr Schmidt, der bis dahin noch nicht einmal eine Tütensuppe gekocht hat geschweige denn den Kaffee selbst, sieht sich auf einmal den Problemen der Haushaltsführung, des Alltags und zusätzlich, der Pflege seiner Frau gegenüber. Und ist, wie zu erwarten, heillos überfordert. Irgendwann entdeckt er jedoch Barbaras Facebook-Seite und dabei, die Seite des Fernsehkochs Medinski. Diese Seite und die Sendung geben ihm bald Schritt-für –Schritt-Anleitungen und so passiert es, dass sich der bisher schroffe, unnahbare und kühle Walter Schmidt, der zeitlebens keinen Handgriff im Haushalt mitgeholfen hatte, am Ende seines Lebens noch einmal neu erfinden muss. Denn „nun war alles anders. Er musste jetzt Barbara sein. Für sich sebst und für Barbara.“
Bibliografische Angaben
Alina Bronsky: Barbara stirbt nicht
Kiepenheuer&Witsch
Hardcover
256 Seiten
ISBN: 9783462000726
Preis: 20,00€
meine meinung
Ein großartiger Roman, voller warmherzigem und bitterbösem Witz, wie der Klappentext schon beschreibt. Walter Schmidt ist kein sonderlich angenehmer Mensch und man kann sich vorstellen, dass es Barbara in all ihren gemeinsamen Jahren nicht leicht mit ihm hatte. Daher schwingt bei allem, was er nun durchmacht, eine gewisse Genugtuung mit. Doch je weiter die Geschichte fortschreitet, desto mehr bemerkt man auch die tiefe Zuneigung, die irgendwo in ihm schlummert.
Die Sorge um seine Frau, zunächst sprachlich noch witzig ausgestaltet, wird im Verlauf der Handlung zunehmend stärker und ernster. Wenn er beispielsweise immer wieder versucht sie dazu zu bringen, etwas zu essen, immer weitere Gerichte lernt, um sie ihr anbieten zu können, hat es mir beim Lesen schier das Herz gebrochen.
Barbara stirbt nicht ist ein wunderbar geschriebenes und berührendes Porträt einer jahrzehntelangen Ehe, das witzig und böse, aber zeitlich auch mit Wärme und Gefühl, die unfreiwillige Entwicklung eines alten Grieskrams zu einem auf seine eigene Art und Weise fürsorglichen Pflegers und Ehemannes beschreibt. Sprachlich leicht geschrieben, mit Wortwitz und oftmals amüsanten und skurrilen Dialogen, musste ich beim Lesen mehrmals laut auflachen. Ich habe es an einem Abend gelesen und konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Ich kann nur sagen: absolute Leseempfehlung!
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