
Zum Inhalt
„Mehrmals war ich in den letzten Monaten in dieser Praxis gewesen. Hatte mich bis auf die Unterhose ausgezogen, mich abtasten, abhören, mir Blut abnehmen lassen. Bei der Ultraschalluntersuchung hatte der Doktor die oder das Geschwulst sogar bereits entdeckt, aber eine Zyste vermutet, schlimmstenfalls, wie er versicherte, oder eben eine Nierendoppelanlage oder Doppelnierenanlage. Eine Niere mehr oder weniger, kein Grund zur Sorge. Ich hatte mir nichts dabei gedacht. Mit etwas Abstand kam mir diese Idee lächerlich, wie ein schlechter Witz vor. Erst nach einigen Wochen hatte ich doch in der Radiologie angerufen, nur zur Sicherheit, es bestehe, so der Herr Doktor, keine Eile. Weitere acht Wochen hatte ich auf den Termin warten müssen. Fast hätte ich ihn vergessen. Das wiederkehrende Zwicken unterm Rippenbogen hatte mich erinnert. Mehr als ein halbes Jahr nach meinem ersten Termin saß mir der kleine Hausarzt wieder gegenüber und musste sich eingestehen, dass er falsch gelegen hatte.“ (s. 35)
Die Geschichte handelt von Sebastian. Er ist Mitte 20, studiert und lebt in Gießen und ist gerade dabei, sich selbst und die Welt zu Beginn seines Erwachsenenlebens zu entdecken. Doch auf einen Schlag ist nichts mehr, wie wes war. Bei ihm werden drei Tumore gefunden. Die Diagnose: Krebs. Von heute auf morgen ändert sich sein ganzes Leben. Ab sofort ist er ein Krankheitsfall, ein Patient, noch dazu ein Krebspatient, eine Nummer bei den behandelnden Ärzten. Mit der notwendigen Chemotherapie beginnt eine Zeit des Leides und des Wandels. Überfordert mit Diagnose, Arztgesprächen und Behandlungsplänen, zieht er zurück in sein Elternhaus und sein Kinderzimmer in einem kleinen Dorf. Mutig und ohne zu verzweifeln. muss er sich dieser neuen Wahrheit und diesem neuen Lebensabschnitt stellen. Zusammen mit seinen Eltern, seiner besten Freundin aus Jugendzeiten und Linus, in den er sich verliebt, nimmt er den Kamp auf, ohne zu wissen, was am Ende auf ihn wartet.
Bibliografische Angaben
Stefan Hornbach: Den Hund überleben
Carl Hanser Verlag
Hardcover
286 Seiten
ISBN: 9783446270787
Preis: 22,00€
Meine meinung
Ich muss gestehen, dieses Buch hat mich mental unglaublich aufgewühlt. Die Diagnose Krebs ist eine Nachricht im Leben, die man niemals bekommen möchte! Und dann werden bei Sebastian auch noch nicht nur einer, sondern gleich drei Tumore gefunden. Eine zutiefst erschütternde und beängstigende Diagnose. Beeindruckt war ich aber von der Zuversicht, der Positivität und dem Tatendrank, die er an den Tag gelegt hat. Natürlich geht es ihm im Laufe der Zeit immer schlechter, natürlich kämpft er mit den Begleiterscheinungen der Chemotherapie, natürlich hat er Angst. Doch die Art und Weise, in der Stefan Hornbach seinen Protagonisten positiv in jeden einzelnen Tag gehen lässt ist schlicht bewundernswert. Noch dazu macht es Sebastian als Person unglaublich sympathisch und liebenswert.
Auch die Passagen über Sebastians Eltern und wie sie ihm in dieser schweren Zeit so gut wie möglich zur Seite stehen, ihn unterstützen, ihm versuchen Kraft zu geben und ihn begleiten, hat mich regelmäßig zu Tränen gerührt. „Sie waren die tapfersten Eltern. Mama weinte nicht mehr so oft, und wenn, dann aus Erleichterung, das redete ich mir zumindest ein. Papa weinte nicht – oder so, dass es keiner bemerkte. Manchmal bekam er einen knallroten Kopf, meistens ging er damit vor die Tür. Nie habe ich ihn erwischt, weder beim Weinen noch beim Schreien im Wald.“ (S. 231)
Herrlich unkomplizierte Gespräche, Personen mit Charakter und skurrilen Eigenschaften, Sarkasmus und jede Menge Gefühl machen diesen wunderbaren Debütroman aus. Auch die einzigartige Sprache und der Schreibstil, die keinerlei Satzzeichen für wörtliche Rede kennzeichnen, sind einzigartig und führen dazu, dass man komplett in der Geschichte versinkt.
Ein rundum gelungener Roman, der Lust aufs Leben weckt und Mut macht, das eigene Schicksal mit stoischer Zuversicht anzunehmen. Egal was kommt. Immer einen Schritt nach dem Anderen.
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