
Zum Inhalt
„Unser Dorf ist kalkweiß und liegt hoch oben am Berg. Wie eine Schafherde in der Landschaft, alle Häuser dicht beeinander, eng, schattig, drübensicher, so liegt das Dorf am Berg. Einzig das Bethaus liegt noch höher, deswegen ist der Weg vom Laden nach Hause für mich auch der längste. Unsere Gassen, Wege, Treppen haben wir Stufe um Stufe, Stein um Stein mit Kalk umrundet, damit uns nachts der Mond zeigen kann, wo es lang geht. […] Im Dorf trageich stets mein dummes Gesicht zur Schimpfwortkrone. Ich schwenke mein EInkaufsnetz am Platz vorbei. Da sitzen die Männer im Schatten der Bäume vorm Lokal, trinken Kaffee und Schnaps, rauchen Tabak, zählen Betperlen, spielen Spiele, diskutieren Männersachen, lesen, machen Pläne, warten darauf, dass sie endlich nach Hause gehen können, warten darauf, dass ihre Frauen, Töchter, Enkeltöchter endlich das Feld, den Hof, das Haus, das Essen bereit haben.“ (S. 11)
Alina, die eigentlich namenlos ist, wächst in einem Dorf auf einer Insel auf. Wie das Dorf heißt, wo es liegt oder zu welcher Zeit die Geschichte spielt wird nicht genannt bzw. das weiß Alina schlicht nicht. Sie kam als Findelkind auf die Insel und wächst beim Bethaus-Vater des Dorfes auf, der sich so gut es geht um sie kümmert und fast schon eine Vaterfigur für sie darstellt. Durch seine Funktion als eine Art Kirchenvorstand hat er zwar eine wichtige Rolle in der Gemeinschaft, doch auch er kann sie nicht vor den Grausamkeiten zahlreicher Dorfbewohner und den willkürlichen Entscheidungen des Ältestenrats beschützen. Alle Entscheidungen über das Leben im Dorf trifft der Ältestenrat, bestehend aus den ältesten Männern, der Fortschritt oder Veränderungen sehr ängstlich gegenübersteht. Er entscheidet wer welche Aufgaben in der Gemeinschaft ausüben darf, wer wen heiratet, welche Namen die Kinder bekommen, welche Neuerungen im Dorf erlaubt sind, wer was darf und wer für welche Verfehlung wie bestraft wird. Da sie eine Frau ist und keine Abstammung hat, darf sie keinen Namen tragen, nicht heiraten oder Kinder bekommen, noch nicht einmal etwas besitzen, so hat es der Ältestenrat entschieden. Alina wird daher von den übrigen Dorfbewohner gemieden, die sie aus Angst vor Konsequenzen für sich selbst, beschimpfen, verletzten und sogar misshandeln. Doch trotz aller Widrigkeiten schafft es Alina aufzubegehren und sich gegen die Vorschriften aufzulehnen.
Bibliografische angaben
Karen Köhler: Miroloi
Carl Hanser Verlag
464 Seiten
ISBN: 9783446261716
Preis: 24,00€
Meine Meinung
Was mir sehr gut gefallen hat und weshalb ich dieses Buch empfehle, ist die Entwicklung, die Alina durchmacht. Trotz allen Widrigkeiten lässt sie sich nicht unterkriegen. Sie lernt lesen, übernimmt Aufgaben, ist schlau und widersetzt sich still den starren Regeln. Die Sprache ist sehr speziell, einfach und manchmal nahezu kindlich. Aus der Ich-Perspektive schildert die Protagonistin dadurch jedoch Ihr eigenes Denken und ihre Wahrnehmung der Welt um sich herum in der Art und Weise, wie sie es eben ausdrücken kann, was die Lesenden ihr nur näher bringt und dadurch sehr passend ist. Durch die in Strophenform gehaltenen Sätze, gleicht Nahezu jede Seite dadurch fast schon einem Gedicht. Stilistisch habe ich so glaube ich noch nie ein vergleichbares Buch gelesen, daher ist es allein dadurch schon etwas besonders.
Was mir sehr gut gefallen hat und weshalb ich dieses Buch empfehle, ist die Entwicklung, die Alina durchmacht. Trotz allen Widrigkeiten lässt sie sich nicht unterkriegen. Sie lernt lesen, übernimmt Aufgaben, ist schlau und widersetzt sich still den starren Regeln. Die Sprache ist sehr speziell, einfach und manchmal nahezu kindlich. Aus der Ich-Perspektive schildert die Protagonistin dadurch jedoch Ihr eigenes Denken und ihre Wahrnehmung der Welt um sich herum in der Art und Weise, wie sie es eben ausdrücken kann, was die Lesenden ihr nur näher bringt und dadurch sehr passend ist. Durch die in Strophenform gehaltenen Sätze, gleicht Nahezu jede Seite dadurch fast schon einem Gedicht. Stilistisch habe ich so glaube ich noch nie ein vergleichbares Buch gelesen, daher ist es allein dadurch schon etwas besonders.
Natürlich ist es an zahllosen Stellen grausam und durch die alles beherrschende, Patriarchalische Gesellschaft geprägt, jedoch auch durch die Protagonistin und ihren stillen Widerstand, ihre Entwicklung und ihren sympathischen Charakter unglaublich Lesenswert. So schlimm es ist, dass es solche Orte und Gesellschaften auf der Welt auch heute wohl noch gibt, ist es immer noch umso wichtiger, darauf aufmerksam zu machen und sich aufzulehnen. Und das schafft Karen Köhler hier mit ihrem einzigartigen Buch „Miroloi“. Ich war beeindruckt, traurig, glücklich, verwundert, wütend, überrascht, tief bewegt, geschockt und gefesselt. Und das alles meist zur selben Zeit.
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