
„‘Ich war zwölf!‘ – ‚Das ist alt genug, um den Unterschied zwischen Freiheit und Gefangenschaft zu verstehen‘, erwiderte er und stand auf. ‚Zwischen Hunger und Verhungern. Zwischen Leben und Tod und Richtig und Falsch!‘“(S. 389)
Zum Inhalt
Mit „Als die Welt zerbarch“ widmet John Boyne seiner Geschichte „Der Junge im gestreiften Pyjama“ nach sage und schreibe 18 Jahren eine Fortsetzung, die es wie Letztere gnadenlos in sich hat!
Nachdem der erste Teil aus Sicht des neunjährigen Brunos erzählt wird, wie er sich als Sohn eines hochrangigen SS-Offiziers und Kommandeurs des Konzentrationslagers Auschwitz mit einem Jungen im KZ anfreundet und wie er schließlich auf tragische Weise ums Leben kommt, wird die Fortsetzung nun aus Sicht seiner Schwester Gretel geschildert. In hohem Alter blickt sie auf die Ereignisse und ihr Leben zurück und wir erfahren, wie ihre Geschichte weiterging.
In Rückblenden erfährt man, wie sie und ihre Mutter nach dem Tod des Vaters nach Frankreich flohen, um sich dort eine neue Identität aufzubauen – in ständiger Furcht davor, enttarnt zu werden –, wie es sie für kurze Zeit nach Australien verschlug und wie sie schließlich nach England kam, ihren Mann kennenlernte und sich dort ein neues Leben schuf. Aber kann man der eigenen Vergangenheit und dem schlechten Gewissen überhaupt entkommen? Denn die Kernfrage, die ihre Erinnerungen beeinflusst und mich noch nachhaltig beschäftigt hat, ist die Frage nach Schuld. Ist sie für die Taten ihres Vaters mitverantwortlich? Hätte sie etwas unternehmen können? „‘Ich hatte damit doch überhaupt nichts zu tun‘, protestierte ich und beugte mich vor. ‚Ich war noch ein Kind‘.“(S. 262)
Die Frage nach der (Mit-)Schuld aus der Vergangenheit dominiert und beeinflusst auch ihre Gegenwart. Nach wie vor kann sie die Erinnerungen an ihren Bruder nicht zulassen, noch nicht einmal seinen Namen aussprechen. Als in die Wohnung unter ihr eine neue Familie mit einem neunjährigen Sohn einzieht, fürchtet sie sich dafür diesen zu treffen und ihn kennenzulernen. Doch nach und nach freundet sie sich mit dem Jungen an und findet sich abermals Ereignissen gegenübergestellt, die ihr Eingreifen verlangen und denen sie sich diesmal nicht entziehen kann und auch nicht will. Denn noch einmal, will sie nicht wegsehen und zumindest versuchen, den Jungen zu retten und ihre Schuld zu dadurch zu sühnen. Und dabei kommt noch etwas zu Tage, was sie ihr ganzes Leben lang verschwiegen hat.
Bibliografische Angaben
John Boyne: Als die Welt zerbrach
Übersetzung aus dem englischen von Michael Schickenberg und Nicolai von Schweder-Schreiner
Piper Verlag
Hardcover
416 Seiten
Preis: 24,00€
ISBN: 9783492071970
Zum Stil
Wie könnte man jemals die richtigen Worte finden, um dem Buch oder auch John Boyne selbst als Autor gerecht zu werden…ich kann es wieder einmal nur versuchen!
John Boyne zählt zu einem meiner absoluten Lieblingsautoren. Die Sogwirkung seiner Erzählungen ist einzigartig und dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an diese Fortsetzung. Und was soll ich sagen, ich wurde absolut nicht enttäuscht! Tiefgründig, wichtig, spannend, unterhaltsam, fesselnd, brutal, mitreisend…es gibt einfach unzählige Begriffe, die dieses Buch beschreiben und es dabei nicht einmal ansatzweise treffen könnten. Wieder einmal schafft er es auf unübertreffliche Art und Weise, die einzelnen Erzählstränge aus Vergangenheit und Gegenwart so zu verknüpfen, dass sie perfekt aufeinander abgestimmt sind und am Ende ein großes Ganzes ergeben.
FAZIT
„Als die Welt zerbrach“ ist wohl das bewegendste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Für mich bereits jetzt ein Bestseller und mein absolutes Lese-Highlight!
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